Alzheimer-Protein hat wichtige Funktion im gesunden Nervensystem
Fünf Jahre nach dem Ende seiner Amtszeit erkrankte der ehemalige Präsident der USA, Ronald Reagan, an Alzheimer. Als er die Diagnose damals öffentlich machte, erklärte Reagan: "Ich trete jetzt die Reise in den Sonnenuntergang meines Lebens an." Wie Reagan, so leiden Schätzungen zufolge weltweit 15 Millionen Menschen an Alzheimer.


Ähnlich einem Stromkabel: Nervenfasern sind mit einer isolierenden Myelinschicht (gelb) umhüllt.
Unten: Querschnitt durch eine Nervenzellfaser. Fehlt das Protein BACE, dann ist die Isolierschicht dünner (rechts). 
Bild oben:
www.dreddyclinic.com
Bilder unten: LMU münchen.

Als Hauptauslöser dieser Krankheit gelten klumpenförmige Ablagerungen, die hauptsächlich aus dem Eiweiß Amyloid-beta bestehen, das mit einigen anderen Stoffen zu nicht mehr auflösbaren Knäueln verklumpt. Das Protein BACE1 hat bei diesem Prozess eine entscheidende Bedeutung, denn es schneidet zusammen mit einer anderen molekularen Schere das Amyloid-beta-Eiweiß aus einem größeren Vorläuferprotein heraus. Durch die Verklumpungen sterben wichtige Nervenzellen ab und das Gedächtnis sowie andere Hirnleistungen lassen stark nach. Ein möglicher Therapieansatz für die Behandlung der Alzheimerkrankheit wäre deshalb der Einsatz von Medikamente, mit denen sich die BACE1 Schere blockieren lässt, sodass Amyloid-beta gar nicht erst entsteht.
Unklar ist aber, mit welchen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Dafür muss man herauszufinden, welche Aufgaben die BACE1-Schere im gesunden Menschen wahrnimmt -und welche Folgen eine Blockierung des Proteins für den intakten Organismus hätte.

Wissenschaftler des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) haben sich dieser Aufgabe angenommen und entdeckten, dass BACE1 notwendig für die Bildung der sogenannten Myelinscheide ist. Ganz ähnlich wie ein Stromkabel mit einer Isolierschicht aus Gummi oder Plastik umhüllt ist, sind die Nervenfasern mit einer Myelinschicht ummantelt. So können die elektrischen Impulse, mit denen die Nervenzellen Informationen austauschen, reibungslos und schnell entlang der Faser weitergeleitet werden. Die elektrischen Impulse erreichen in bestimmten Situationen Spitzengeschwindigkeiten von über 400 Kilometer pro Stunde.

Die Forscher um Prof. Dr. Christian Haass und Dr. Michael Willem von der Ludwig-Maximilian-Universität in München untersuchten Mäuse, denen die BACE1-Schere fehlt. Bei diesen Mäusen sind die Nerven schlechter isoliert und gebündelt als bei gesunden Tieren.

Die Münchner Forscher gingen zusammen mit ihren Kollegen vom Max-Dellbrück-Centrum in Berlin den Ursachen dieser Beobachtung auf die Spur. Sie stellten fest, dass die BACE1-Schere nicht nur das Amyloid-beta-Vorläuferprotein durchtrennt, sondern auch ein weiteres Protein, das Neuregulin, zurechtstutzt. Durch das Schneiden des Neuregulins entsteht ein Lockstoff, der die so genannten Glia-Zellen anlockt. Diese wickeln sich um die Nervenfasern, um auf diese Weise die Isolierschicht zu bilden.
"Bace 1 ist also nicht von Natur aus ein krankmachendes Protein, sondern übernimmt eine wichtige Funktion im gesunden Körper", sagt Haass.

Die Befunde, zeigen, wie vorsichtig man sein muss, wenn man in die Vorgänge der Alzheimer-Krankheitmechanismen eingreifen möchte. Denn Medikamente, die die Alzheimer-Scheren blockieren, könnten vielleicht gleichzeitig auch die Isolierung der Nervenfasern und somit die Informationsweiterleitung im Gehirn schädigen.

Christian Haass ist aber optimistisch, dass solche Therapien dennoch eingesetzt werden könnten. Schließlich wird die Isolierschicht der Nervenfasern während eines kurzen Zeitraums nach der Geburt gebildet. Bei Erwachsenen ist dieser Vorgang weitgehend abgeschlossen.

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