Die Bauanleitung für ein Eiweiß muss erst von der DNA abkopiert werden, bevor mit der Herstellung des Eiweißes begonnen werden kann. Dazu fährt ein Kopierwerkzeug (blau) am DNA-Faden entlang, spaltet ihn auf und erstellt eine exakte Kopie der Genbuchstaben-Abfolge. |
Eiweiße sind die wichtigsten Baustoffe des Körpers. Sie bewerkstelligen alle Aufgaben, die zur Lebenserhaltung und Funktion unseres Körpers notwendig sind. Einige Beispiele: Muskeln und Haare bestehen aus Eiweiß-Stoffen. Andere Eiweiße bilden kleine Miniaturwerkzeuge in einer Körperzelle, die man "Enzyme" nennt.
Jetzt wollen die Wissenschaftler für jedes Eiweiß herausfinden, welche Funktionen im Körper es hat und mit welchen anderen Eiweiß-Stoffen es zusammenwirken muss, um seine Aufgabe zu erfüllen. Denn erst ein kompliziertes Zusammenspiel der Eiweiße führt dazu, dass bestimmte Merkmale oder Vorgänge im Körper zustande kommen. So gibt es nicht nur ein Eiweiß für die Augenfarbe, sondern viele, die helfen, den Farbstoff zu produzieren.
Die Forscher wollen außerdem bestimmen, wo die einzelnen Eiweiße im Körper vorkommen. Dazu müssen sie wissen, welche Baupläne in der ausgewählten Körperregion zu einem bestimmten Zeitpunkt "abgelesen" werden. "Ablesen" heißt, dass einzelne Bauanleitungen vom langen DNA-Erbfaden kopiert werden. Dies geschieht durch ein Kopier-Werkzeug, das an dem entsprechenden Abschnitt des Erbfadens entlangfährt und eine exakte Kopie der Genbuchstaben-Abfolge herstellt. Diese Kopie wird dann an den Eiweiß-Fabriken als Lesevorlage zur Herstellung eines Eiweiß verwendet.
Jede Körperzelle, egal in welchem Gewebe sie sitzt und welche Funktion sie hat, enthält die gesamte Erbinformation, also alle 30000 Baupläne. Und jede Körperzelle hat ein eigenes Programm, das genau vorgibt, zu welcher Zeit ein bestimmtes Eiweiß hergestellt werden soll. Die Bauanleitung, die gerade abgelesen wird, heißt in der Fachsprache "aktives Gen".
Mit Hilfe von Gen-Chips können Genomforscher heute viele Hundert Gene (Eiweiß-Bauanleitungen) gleichzeitig untersuchen und so feststellen, welche Gene in einem bestimmten Gewebe gerade "aktiv" sind. Andere ausgeklügelte Techniken ermöglichen es, der Funktion der Eiweiße auf die Spur zu kommen.
So entsteht nach und nach ein "Schaltplan" der Vorgänge in unserem Körper. Mithilfe dieses "Schaltplans" können die Genomforscher verstehen, wie Krankheiten entstehen. Denn sie können den "Schaltplan" eines gesunden Menschen mit dem eines kranken Patienten vergleichen und herausfinden, welche Komponenten des Schaltplans beim Kranken fehlerhaft sind.
Das nächste Kapitel:
- Heilen - auf dem Weg zur maßgeschneiderten Therapie: Wie die Genomforschung dabei helfen kann, neue Medikamente zu entwickeln und Heilungs-Chancen zu erhöhen.