Migräne: Gewitter im Kopf - Seite 2 -
Interview mit Dr. Christian Kubisch,
Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Bonn
Wie viele unterschiedliche Formen der Migräne kennt man heute?
Man kennt mehr als 150 verschiedene Kopfschmerz-Erkrankungen und mehr als zehn verschiedene Migräne-Formen. Die beiden mit Abstand häufigsten Migräne-Formen sind die Migräne ohne Aura - ca. 80 Prozent der Fälle - und die Migräne mit Aura - ca. zehn Prozent der Fälle.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Eltern mit Migräne diese an die eigenen Kinder weitervererben?
Diese Frage ist nicht allgemein zu beantworten. Bei den häufigen Formen der Migräne müssen wahrscheinlich verschiedene erbliche Faktoren und Umweltfaktoren zusammenkommen, damit die Erkrankung auftritt. Aus großen Studien weiß man, dass Kinder eines Elternteils mit z. B. Migräne mit Aura durchschnittlich ein ca. vierfach erhöhtes Risiko besitzen, ebenfalls an dieser Migräne-Form zu leiden. Sind beide Elternteile betroffen, ist das Risiko natürlich höher. Auch gibt es offensichtlich einige Familien in denen das Risiko noch größer ist, ohne dass wir die Ursache hierfür bis jetzt kennen.
Denken Sie, dass Ihre Entdeckung zur Entwicklung eines neuen Medikamentes führen wird?
Ob unser Befund direkt zur Entwicklung eines neuen Medikamentes führen wird, ist schwer abzusehen. Wir versuchen natürlich, unsere Erkenntnisse in diese Richtung weiterzuentwickeln. Aber solche Forschungsarbeiten sind in der Regel sehr langwierig. Oft wird erst nach vielen Jahren harter Arbeit klar, ob es ein erfolgreicher Weg war. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass unsere Befunde für das Grundverständnis der Migräne von Bedeutung sind. Und nur mit diesem Wissen kann man neue Medikamente entwickeln, die an der richtigen Stelle ansetzen. Deshalb wird unsere Forschung zumindest mittelbar und langfristig auch zu einer verbesserten Therapie führen.
