Interview mit Professor Florian Holsboer, München

Welche Rolle spielen die Gene bei der Entstehung einer Depression?
Die Depression wird nicht durch ein einzelnes Gen verursacht, sondern durch kleine Veränderungen in vielen verschiedenen Genen. Welche Gene hierbei in Frage kommen, beginnen wir erst langsam zu verstehen. Es stellt sich heraus, dass die erbliche Komponente von Fall zu Fall höchst unterschiedlicher Natur sein kann.

Wie wird eine Depression behandelt?
Jede schwere Depression muss mit Antidepressiva behandelt werden. Oft hilft den Patienten zusätzlich eine Verhaltenstherapie.

Was erhoffen Sie sich von der Suche nach den genetischen Ursachen dieser Krankheit?
Wenn es uns gelingt, die individuellen genetischen Ursachen der Depression zu identifizieren, dann sollte es auch möglich sein, hierfür die individuellen Medikamente zu entwickeln. Natürlich können wir nicht für jeden einzelnen Patienten ein persönliches
Antidepressivum herstellen. Ich stelle mir aber vor, dass man die große Zahl der an einer Depression Erkrankten in Gruppen einteilen kann – je nachdem welche Genveränderungen vorliegen. Für diese Patientengruppen könnten dann „maßgeschneiderte Medikamente“ entwickelt werden.

Welche erblichen Komponenten haben Sie bereits entdeckt?
Es ist gelungen, eine Genvariante zu identifizieren, die das Risiko einer manisch-depressiven Erkrankung oder einer unipolaren Depression* erhöht. Das betroffene Gen kodiert für ein Rezeptormolekül in der Zellmembran. Medikamente, die diesen Rezeptor beeinflussen können, werden gerade entwickelt. Eine weitere genetische Veränderung betrifft das FKBP5- Gen. Mithilfe dieser Veränderung können wir vorhersagen, ob ein Patient auf ein Antidepressivum gut ansprechen wird oder nicht. Wir erforschen nun die genetisch bedingte Funktionsveränderung des betroffenen Proteins, um Möglichkeiten zu entwickeln, durch kleine chemische Moleküle die Fehlfunktion auszugleichen.

* Die unipolare Depression ist die häufigste depressive Erkrankung. Unipolar nennt man diese Form deswegen, weil die Patienten nur depressive, aber keine manischen Phasen erleiden.



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